Wermut, wissenschaftlich bekannt als Artemisia absinthium, ist eine Pflanze mit einer langen und bewegten Geschichte. In der rauen und spirituell geprägten Welt der Wikingerzeit nahm sie eine besondere Stellung ein – als Heilmittel, Schutzpflanze und Bestandteil ritueller Praktiken. Ihre unverkennbare Bitterkeit und ihr aromatischer Duft machten sie zu einem geschätzten Begleiter sowohl im Alltag als auch in den spirituellen Sphären der damaligen Kultur. Dieser Artikel beleuchtet, wie die Wikinger Wermut nutzten, welche Bedeutung sie ihm zuschrieben und wie diese Pflanze bis heute in verschiedenen Bereichen Anwendung findet.
Die Wikinger lebten in einer Welt voller Herausforderungen, die sowohl körperliche als auch geistige Stärke erforderte. Wermut war eine der Pflanzen, die sie dabei unterstützte, Hindernisse zu überwinden und sich vor Bedrohungen – ob real oder metaphysisch – zu schützen.
Wermut wurde vor allem für seine reinigende Kraft geschätzt. In einer Zeit, in der Glaube und Natur eng miteinander verflochten waren, glaubte man, dass diese Pflanze negative Einflüsse vertreiben konnte. Der Rauch von verbranntem Wermut galt als starkes Mittel, um böse Geister und Krankheiten abzuwehren. In der rauchigen Atmosphäre eines Langhauses oder bei Ritualen im Freien konnte dieser Duft nicht nur als Schutz, sondern auch als Verbindung zur spirituellen Welt dienen.
Darüber hinaus war Wermut in der medizinischen Versorgung der Wikinger ein unverzichtbares Gut. Die Pflanze wurde in getrockneter und frischer Form genutzt, um Leiden zu lindern und die Genesung zu fördern. Besonders in den nordischen Wintermonaten, wenn Krankheiten häufiger auftraten, bot Wermut eine Möglichkeit, das Immunsystem zu stärken und Heilprozesse zu unterstützen.
Die Wikinger schätzten Wermut für seine heilsamen Eigenschaften, die auf den hohen Gehalt an ätherischen Ölen und Bitterstoffen zurückzuführen sind. Diese Wirkstoffe hatten eine Reihe von Vorteilen für den menschlichen Körper:
Förderung der Verdauung: Die Bitterstoffe im Wermut regten die Produktion von Magensäure und Gallenflüssigkeit an, was den Verdauungsprozess erleichterte. Gerade bei den reichhaltigen, fettigen Mahlzeiten der Wikinger war dies ein willkommener Effekt. Wermut wurde häufig als Tee verabreicht, um Verdauungsbeschwerden zu lindern.
Linderung von Entzündungen: Verletzungen waren in der kriegerischen Kultur der Wikinger unvermeidlich. Salben und Umschläge aus Wermutblättern wurden verwendet, um Wunden zu desinfizieren und die Heilung zu beschleunigen.
Fiebersenkend: Wermut wurde bei Erkrankungen, die mit Fieber einhergingen, eingesetzt. Ein Aufguss aus den Blättern konnte dabei helfen, den Körper zu entgiften und die Temperatur zu regulieren.
Die medizinischen Anwendungen von Wermut zeigen, dass die Wikinger ein erstaunliches Wissen über die Natur und ihre Heilkräfte hatten. Diese Überlieferungen wurden über Jahrhunderte hinweg weitergegeben und fanden sogar Eingang in die moderne Pflanzenheilkunde.
Die spirituelle Bedeutung des Wermuts geht weit über seine medizinische Nutzung hinaus. In der nordischen Kultur, die von Göttern, Geistern und der Vorstellung von verschiedenen Welten geprägt war, spielte Wermut eine zentrale Rolle in Ritualen.
Wermut wurde vor allem als Schutzpflanze verehrt. Bei wichtigen Zeremonien, sei es die Weihe eines Kriegers oder das Segnen eines Langhauses, wurde Wermut verbrannt. Der aufsteigende Rauch wurde als Medium betrachtet, um böse Geister zu vertreiben und einen heiligen Raum zu schaffen. Gleichzeitig verband dieser Rauch die Menschen mit der göttlichen Sphäre, insbesondere mit Frigg und Eir, Göttinnen, die für Schutz und Heilung standen.
Bei Beerdigungen wurde Wermut ebenfalls häufig verwendet. Man glaubte, dass der Rauch den Übergang der Seele in die nächste Welt erleichterte und sie vor möglichen Gefahren auf dem Weg bewahrte.
Darüber hinaus wurde Wermut in Visionen und Träumen eingesetzt. Einige Schamanen und spirituelle Führer der Wikinger sollen Wermut verwendet haben, um die Grenzen zwischen den Welten zu überschreiten und Botschaften der Götter zu empfangen. Der charakteristische Duft der Pflanze wurde als Schlüssel zur Öffnung des Bewusstseins betrachtet.
Die Wikinger waren äußerst kreativ in der Nutzung von Wermut und fanden viele Wege, die heilenden und schützenden Eigenschaften der Pflanze zu nutzen:
Die Fähigkeit der Wikinger, die Pflanze in so vielen unterschiedlichen Formen einzusetzen, zeugt von ihrer engen Verbindung zur Natur und ihrem tiefen Verständnis für deren Kräfte.
Auch in der heutigen Zeit hat Wermut nicht an Bedeutung verloren. Viele der traditionellen Anwendungen der Wikinger finden sich in der modernen Kräuterheilkunde wieder:
Diese Vielseitigkeit zeigt, dass Wermut nicht nur eine Pflanze der Vergangenheit ist, sondern auch heute noch als Heil- und Ritualpflanze geschätzt wird.
Wermut wird in der nordischen Mythologie zwar nicht explizit erwähnt, doch seine Eigenschaften passen gut zur Heiler-Göttin Eir. Es ist wahrscheinlich, dass die Wikinger Wermut in ihren Ritualen einsetzten, um die Gunst dieser Göttin zu erlangen. Der Einsatz der Pflanze könnte symbolisch für Heilung, Schutz und spirituelle Verbindung gestanden haben – alles Aspekte, die eng mit Eir verbunden sind.
Wermut ist eine Pflanze, die die Wikingerzeit auf vielfältige Weise geprägt hat. Ob als Heilmittel, Schutzpflanze oder spirituelles Werkzeug – Wermut diente als Verbindung zwischen Körper, Geist und Seele. Seine Bedeutung hat die Jahrhunderte überdauert und findet sich heute in der Kräuterheilkunde, der Esoterik und sogar in der modernen Getränkekultur wieder. Diese Verbindung zwischen Tradition und Moderne macht Wermut zu einer der faszinierendsten Pflanzen, die uns die Natur bietet.
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